Winterwanderung im Allgäu zum Oytalhaus: Wo der weiße Würger rumpelt
Allgäuer Alpen
Zuletzt aktualisiert: 27. November 2021

Highlights:
- Wandern mit Blick auf den Schneck
- Einkehr mit grandioser Aussicht
- Mit Eiszapfen behangene Seewände
Die großartige beiderseitige Einfassung gestaltet das zur Nachmittagssonne hin geöffnete Oytal zum außergewöhnlichsten Oberstdorfer Hochtal. Während der frostigen Jahreszeit ist es verständlicherweise noch mehr als im Sommer von einem ziemlich ernsten Charakter geprägt. Die Bezeichnung Oy bezieht sich auf die Au, das feuchte Wiesenland. Neben den mannigfaltigen Gebirgsformen sind es auch der einfache Zugang und der alternative Rückweg, der den Talzug so anziehend macht.
Winderwandern in den Alpen

Der Weiterweg vom Berggasthaus, das nach dem Brand im Jahr 1957 neu errichtet wurde, über die Gutenalp zur Käseralp bleibt, auch wenn er noch so verlockend aussehen mag, wegen oft großer Lawinengefahr erfahrenen Winter-Alpinisten vorbehalten. Die Lawine wird in einer alten Bergchronik als gefährlichster Würger des Allgäuer Bergwinters bezeichnet. Für denjenigen, der die Gesetze der Alpennatur nicht beachtet, ist dieser etwas effekthascherische Begriff heute genauso gültig wie damals. Insbesondere in den grimmigen Steilhängen der Höfats lauert die immer wieder durch den wüsten Rauhenhalstobel rumpelnde vernichtende Gefahr, Bäume entwurzelnd und kolossale Felsbrocken niederschmetternd. Aber vor allem auch über die vom Seealpsee ins Talbecken beim Oytalhaus (1010 m) abbrechenden Seewände krachen nicht selten ungeheuerliche, markerschütternde Schneewalzen.
Doch ein paar wenige Stapfschritte auf dem ungeräumten Alpweg über die Oybachbrücke kann man ruhig noch wagen. Wenigstens so weit, bis man rechts des messerscharf zum Himmelhorn, dem südwestlichen Trabanten des Schnecks, emporstrebenden Rädlergrates die bestechende Wildengruppe erspähen kann.

Die Wanderung führt durch das Tal
An der Nebelhornbahn in Oberstdorf haltet ihr euch Richtung Oytal und bummelt nach der Trettachbrücke hinauf zum Skistadion Schattenberg. Danach überwindet ihr auf einem Winterwanderweg unterhalb der Schanzen in einer kraftsparenden Schleife die Steilstufe zum Hotel Kühberg, 905 m, auf einer dorfnahen Terrasse. Anschließend spaziert man auf die höchst vornehme Trettachspitze zu, Richtung Käseralpe.
Der Weg schwenkt um den steil flankierten Schattenberg herum bald vom Trettachtal ab. Dann leitet er ein Stück oberhalb des Oybachs, mehrere Lawinenstriche passierend, durch Wald taleinwärts. Vor euch fesselt das eigenwillige, einer breiten Eiskrone ähnelnde Antlitz des westseitig über einen zerfurchten Sockel zum Laufbachtobel hin jäh abstürzenden Schnecks. Die ebenfalls überaus steilen, bewaldeten Riesenhänge auf der Südseite des Tales gehören den Riffenköpfen an. Nach großem Neuschneezuwachs oder bei kräftigem Temperaturanstieg ist dieser Weg ebenso wie der unter euch verlaufende Dr.-Hohenadel-Weg wegen Lawinengefahr gesperrt.
Romantischer Weg am Wildbach entlang

Nach Überschreiten des Oybachs öffnet sich unter einem Bergsturz der Wald. Zwischen dem Seeköpfl und dem Hahnenkopf erreicht man durch eine glitzernd schneebeladene Ahornallee das Oytalhaus. Die ganzjährig beliebte Einkehr, hinter der sich der von tiefen Runsen durchzogene Schochen aufbaut, steht in der deutlichen Talerweiterung unter den berüchtigten, mit kältestarrenden Eiszapfen behangenen Seewänden.
Auf dem Rückweg entscheidet ihr euch im Wald nach der Oytalbrücke für den abzweigenden, ebenfalls für die Winterwanderer geräumten Dr.-Hohenadel-Weg. Wildromantisch schlängelt sich dieser unmittelbar am stark eingeschnittenen Wildbach entlang. Mitunter drängen euch wulstige Felsriegel hart ans brausende Ufer heran. Nach zweimaliger Querung des Oybachs kurz vor seiner Einmündung in die Trettach bringt euch ein kleiner Gegenanstieg zum Hotel Kühberg, wo ihr das bekannte Finale nach Oberstdorf aufnehmt.
Autor: Herbert Mayr