Winterwandern im Allgäu auf den Bschießer
Allgäuer Alpen
Zuletzt aktualisiert: 1. Juni 2021

Highlights:
- Erstaunliches 360-Grad-Panorama
- Blick auf Pirschling, Schönkahler Breitenberg und Einstein
- Aussicht bis nach Sonthofen, Immenstadt und Kempten
Die Modeskitour durchs Pontenkar zum Ponten wird selbst bei größerem Schneezuwachs und unsicheren Bedingungen, jegliche Gefahr ignorierend, meistens gespurt und nicht selten pistenartig eingefahren. Der Sog des Herdentriebs. Ihr wollt euch heute vorzeitig aus dem Strom dieser Allerweltsroute lösen und – selbstverständlich nach vorhergehendem Risikomanagement – den etwas anspruchsvolleren Bschießer (2000 m) durch eine seiner pfiffigen Steilmulden angehen. Es handelt sich hierbei, man darf es ruhig zugeben, wegen der beachtlichen Hangneigung um einen Grenzfall für Schneeschuhwanderer, selbst für »alte Hasen«. Bei widrigen Verhältnissen kann zudem jede dieser Routen eine nicht zu unterschätzende Lawinengefahr bergen, die erste (südlichste) Mulde in ihrer gesamten Länge, die mittlere und rechte vor allem im oberen Bereich.
Die Tour ist nur für erfahrene Winterwanderer geeignet

Das schon während des Aufstiegs bewundernswerte Spitzenpanorama hält zu guter Letzt noch ein paar Bonuspunkte bereit. Die Allgäuer Hochalpen werden durch so »versteinerte Bonzen« vertreten wie die gekrümmte Urbeleskarspitze, den Sieger des alpinen Schönheitswettbewerbs namens Hochvogel, die Respekt verschaffende Marchspitze, den Regenten Krottenkopf, die grazile Trettachspitze und das charaktervolle Schlusslicht Biberkopf. Auf eurem Grenzkamm folgen der wohl geformte Ponten, das breitgelagerte Gaishorn und der Zackenkamm des Rauhhorns. Sogar das Städte-Kleeblatt Sonthofen, Immenstadt und Kempten bereichert den Vollkreisausblick.
In Schattwald leitet euch von der Ortsmitte ein kurzes Sträßchen am Schattwaldbach aufwärts. Nachdem die Schneeteller angelegt sind, quert ihr Richtung Bschießer eine Skiabfahrt und spurt oberhalb des Bachtobels wenig steil bergan durch das licht bewaldete Stuibental. Bald schaltet sich am Pistenrand ein Flachstück ein, auf die imponierende Bschießer-Nordseite zu. Ihr kreuzt, wieder leicht steigend, den Stuiben-Schlepplift und erreicht die Mittlere Stuibenalp, 1403 m, auch Stuibensennalp genannt.

Wandern mit Blick auf die Berge
Kurz danach verzweigt sich das Hochtal. Geradeaus setzt das Pontenkar an. Ihr strebt nun westlich am Krummholzgürtel unter eurem Gipfelziel entlang der rechts einer Felsrippe beginnenden, zweiten Steilmulde zu. Diese kann vor allem bei Triebschneeablagerungen schnee brettgefährdet sein. Talauswärts blickend erkennt man den Pirschling, links davon den Schönkahler. Im Osten ragen Breitenberg und Einstein auf.
Zunehmend steiler müht man sich – bei festgebackener Decke vorzugsweise ohne die Riesensohlen, die auch weiterhin eher hinderlich sind – in zahlreichen Spitzkehren empor zur bayerischen Grenze. Vom Ausstieg der Hochmulde lässt sich noch ein zweiter Breitenberg sehen, es ist jener neben der stolzen Rotspitze bei Hindelang. Links des makellosen Riedberger Horns reihen sich die Bregenzerwaldberge und der Säntis an. Aus dem Herzen des Tannheimer Tals entwächst das rassige Felsduo Gimpel und Kellespitze, die Rote Flüh im Vordergrund hebt sich, von hier aus betrachtet, kaum von ihren gewaltigen Nachbarn ab.
Der Gipfel belohnt mit einer grandiosen Aussicht
Nur noch mittelsteil geht’s über den anfangs freien, wegen seiner der Hauptwindrichtung zugewandten Seite meistens verblasenen Latschenrücken hinauf zum oberen Rand der langen südlichsten Mulde. Die bullige Bastion des trapezförmigen Großen Daumens zwingt erneut zu einer Schaupause. Wieder anstrengender erweist sich der ab jetzt gerölldurchsetzte Nordhang zum Bschießer. Das Gelände ist mit allermickrigsten, windgeplagten Fichtenstämmchen bestockt. Man bekommt fast das Erbarmen. Nicht mehr lange, dann kann man sich der unermesslichen Gipfelschau hingeben.
Autor: Herbert Mayr