Von Bienen und Blumen
Ilmtalradweg, Thüringen
Zuletzt aktualisiert: 1. Juni 2021

Im mittleren Ilmtal ranken Rosen und wurzeln alte Obstbäume. Gemächlich fließt die Ilm vorbei an sanften Hügeln, bienensummenden Wiesen und romantischen Dörfern. Ideale Bedingungen für eine entspannte Radtour entlang des Flusses. Ein Pferdefuhrwerk zuckelt aus dem Tonndorfer Schlosshof heraus; darauf klappern Milcheimer. Wohin des Weges? „Runter ins Dorf, die Milch abliefern“, ruft die junge Frau auf dem Kutschbock unter ihrem roten Kopftuch hervor und lacht. „Altglas nehm’ ich auch gleich mit!“. Sie winkt, wir winken zurück. Dann wenden wir uns wieder Christian zu, der mit Strohhut und offenem Hemd mitten in einer blühenden Streuobstwiese steht. Er schwenkt eine alte Eisenkanne, aus der es sanft hervorraucht. Christian ist Imker auf Schloss Tonndorf und auf dem Weg zu seinen Bienenstöcken. Rauch benebelt die Bienen und hält sie ruhig, so dass Christian gefahrlos die Zargen aus den Stöcken ziehen kann. Ein paar Meter weiter stehen ein paar rötliche Kühe auf der Wiese. Von irgendwo erklingt Kindergejuchze. „Kann ich nicht auch noch einziehen?“, frage ich Christian. „So wie ihr will ich auch leben!“ Christian Stiefel lacht. Der Schlossimker von Tonndorf kennt das schon: Besucher, die sich spontan verlieben in das Idyll im Ilmtal, diese 1000-jährige Burg auf einer sanften Anhöhe zwischen Weimar und Erfurt, in der sich rund 60 Menschen zu einer ökologischen, hierarchiefreien Lebensgemeinschaft zusammengetan haben. „Du müsstest erst probewohnen; danach entscheiden wir gemeinsam, ob du zu uns passt“, erklärt er das Verfahren. Ein bisschen zu viel Basisdemokratie für meinen Geschmack. Aber macht ja nichts: Schloss Tonndorf ist auch für einen Kurzbesuch sehr schön. Wir sind auf dem Ilmtalradweg unterwegs, dem beliebtesten Radweg Thüringens. Auf knapp 123 Kilometern verläuft die Route von Allzunah am Rennsteig in nordöstlicher Richtung bis zur Saalemündung in Großheringen. Heute haben wir uns die 30 Kilometer lange Etappe zwischen Kranichfeld und Weimar vorgenommen.
Unterwegs entdeckt / Überraschendes am WegesrandDie Route schlängelt sich durch ein stilles ländliches Märchenland voll üppig blühender Gärten, Fachwerkhäusern, die sich in Wiesen ducken und Obstbäumen, in denen schwer die Früchte hängen. Auch im kleinen Dorf Tiefengruben, eine flotte Abwärtsfahrt von Tonndorf entfernt, fühlt es sich an, als radelten wir durch ein Astrid-Lindgren-Buch. Tiefengruben ist nahezu kreisrund: ein holpriges Pflastersträßchen wie aus längst vergangenen Jahrhunderten führt einmal im Kreis um Kirche und Dorfteich herum; dahinter liegen die Bauernhöfe.