Moselsteig-Wanderung: unterwegs zwischen der Mosel
Moselsteig
Zuletzt aktualisiert: 22. April 2021

Highlights:
- Trasse der Kanonenbahn
- Aussichtsturm auf dem Prinzenkopf
- Urige Einkehrmöglichkeiten
Die Etappe bietet in rascher Folge überwältigende Höhepunkte in Form fantastischer Aussichten. Vom Reiler Hals erblickt man neben der Marienburg die eindrucksvolle Trasse der Kanonenbahn, während man vom Prinzenkopfturm die Mosel sogar doppelt sieht – in gegenläufiger Richtung. Am Ende erwarten euch pittoreske Häuser und Weinschenken in der Altstadt von Zell.
Von Reil nach Zell

Im Ortskern von Reil folgt ihr der Kaiser- und dann der Kringstraße in nördlicher Richtung und erklimmt in den Weinbergen kreuzend in etwa 40 Min. den Reiler Hals. Hier oben sollte man, auch wenn es kräftemäßig noch nicht erforderlich ist, eine Pause einplanen. Zwar hat sich der Ausblick – wie so häufig im Moseltal – während des Aufstiegs sukzessive eingestellt, aber erst hier oben kulminiert das Ensemble der Sehenswürdigkeiten zum Hochgenuss.
Unweigerlich findet das Auge mit dem Prinzenkopfturm und der Marienburg Fixpunkte oberhalb des Prallhangs am Beginn der Zeller Hamm. Beide werden später noch passiert. Unterhalb erkennt man die waghalsig an den Hang gebaute Trasse der Kanonenbahn. Der Name erinnert an die militärstrategische Bedeutung der Eisenbahnlinie Berlin–Metz im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Am Horizont schließlich zeigt sich der Kamm des Calmonts, des steilsten Weinbergs Europas. Wer es weniger gewaltig mag, blickt flussaufwärts, wo sich tribünenartig die Weinlagen von Reil und Burg gegenüberstehen. Der Reiler Hals selbst ist eine schmale Sattellage zwischen Mosel und Alfbachtal, die mit der Dreifaltigkeitskapelle und einem Bildstock gekrönt ist.
Von Burg Arras und Marienburg bis zur Moselschleife
Der Moselsteig taucht nun in den Wald ein und folgt dem Kammweg zunächst bergan, um sich an der Weggabel links zu halten. Alfbachtalseitig zieht sich der Weg um die Kuppe herum, während der dichte Baumbewuchs nur selten Blicke zur Burg Arras erlaubt. Ein Abstecher zur eindrucksvollen Befestigungsanlage aus dem 12. Jahrhundert mit Besichtigungs- und Einkehrmöglichkeit (zusätzlich etwa 2,6 km) unternehmt am besten über den Leofelsen. In diesem Fall biegt an der Schutzhütte links ab. Der gut beschilderte Moselsteig führt auf dem breiten Waldweg im Rechtsbogen zur Drieschhütte, wo wieder die Weinberge erreicht werden. Von hier aus kommt die Moselschleife um Pünderich voll zur Geltung.
Zwischen Wein und Wald gelangt ihr nun vorbei am Ehrenmal zum Aussichtsturm auf dem Prinzenkopf. Hier empfängt den Wanderer ein unbeschreibliches Panorama. Neben der märchenhaft in die Waldhügel eingebetteten Burg Arras im Rücken und der voraus liegenden gut sichtbaren Marienburg verwirrt der Lauf der Mosel, die den Flaschenhals der »Halbinsel« Barl beidseitig umspült. Während die Mosel auf ihrem Weg um die Zeller Hamm etwa elf Flusskilometer beschreibt, misst der Engpass auf Höhe der Marienburg gerade einmal 350 m. Würde man die Mosel einfach gewähren lassen, so würde sie in völliger Ignoranz landschaftlicher Schönheit auch heute noch am Durchbruch arbeiten.
Wer übrigens vom Prinzenkopfturm aus einen Gruß in die Welt senden möchte, kann sich von der auf der Aussichtsplattform montierten Webcam in Szene setzen lassen und dadurch seine Anwesenheit kurzzeitig im Internet dokumentieren. Kaum 800 m vom Prinzenkopf entfernt erreicht ihr die besonders schön gelegene Marienburg, die nach wechselvoller Geschichte heute eine Jugendbildungsstätte des Bistums Trier beherbergt.
Wanderung durch die Weinberge bis nach Zell
Nachdem die Senke durchschritten und der abrupt einsetzende kräftige Aufstieg gemeistert ist, folgt das letzte Teilstück des Weges dem Fluss weit oberhalb auf seinem Weg um die Zeller Hamm, nichts ahnend vom regen Treiben im Gewerbegebiet auf der ausgedehnten Kuppe. Der Blick senkt sich hingegen staunend über die Steillagen von Briedel, die die Winzer in früheren Zeiten vom Ort am anderen Ufer mit Kähnen erreichten. Briedeler Herzchen heißt die Lage und gründet sich der Legende nach auf die heilende Wirkung des Weins: Ein Mädchen verabreichte den guten Tropfen einem erkrankten Fährmann, der nach seiner Genesung das »Briedeler Herzchen« heiratete und zusammen mit ihr einen Knaben zeugte, den Nikolaus von Kues, der als Cusanus zu einer der berühmtesten Persönlichkeiten in der Geschichte des Moseltals wurde.
Wer sich an Sonnentagen auf dem sich hinziehenden heißen Weinbergweg noch einmal mit der Frage beschäftigt, warum die Mosel den über 10 Kilometer langen Umweg wählte, findet die Antwort beim Abstieg nach Zell. Schon der Ortsteil Kaimt hat mehr zu bieten als den Ausblick auf die Moselfront des Hauptortes, denn in den urigen Gassen reihen sich sehr schöne Fachwerkhäuser aneinander und spätestens von der Moselbrücke aus erkennt man schließlich die Vorzüge des stimmungsvollen Endpunktes der Wanderung.
In den schattigen Gassen der Altstadt laden zahlreiche Weinlokale und stilvolle Restaurants zum genussvollen Verweilen ein. Auch kulturgeschichtlich interessierte Besucher kommen in Zell auf ihre Kosten. Während der Mehrtageswanderer genießen kann, sollte derjenige, der per Bus zum Ausgangspunkt nach Reil zurückkehren möchte, die Uhr im Auge behalten.
Autor: Thorsten Lensing